Heimatkunde in Verl und anderswo
Es gibt viel zu entdecken, fangen wir an!
 

Radtour Sürenheide

erarbeitet von Bernhard Klotz



Übersichtskarte der Radtour (Grafik: Stadt Verl)


Die Rundfahrt ist etwa 20 Kilometer lang, führt über fahrradfreundliche Wege und ist in ca. 2 Stunden leicht zu bewältigen. Die 20 Stationen geben Einblicke in die Entwicklung der Sürenheide, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Ortsteil der Stadt Verl mit etwa 4.500 Einwohnern entwickelt hat.


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Die Sürenheide („saure Heide“) war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein nahezu unbesiedeltes Heidegebiet, das von den umliegenden Bauernhöfen extensiv genutzt wurde als Viehweide und zur Gewinnung von Brennholz und Heideplaggen. Nach der Aufteilung und Privatisierung der 1342 Morgen großen „Gemeinheit Sürenheide“ im Jahre 1828 begann eine neue Landschaftsentwicklung. Das unfruchtbare Heideland wurde kultiviert oder aufgeforstet, es entstanden viele kleinbäuerliche Betriebe, sogenannte Rentengüter. Mit dem Bau der Reichsautobahn 1935/38 veränderte sich das Landschaftsbild grundlegend. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden auf den kargen Sandböden der Sürenheide Wohnsiedlungen, Heimatvertriebene bauten sich hier eine neue Heimat auf. Nach der kommunalen Neugliederung von 1970 wurde die Sürenheide städtebaulich ausgebaut zu einem Unterzentrum in der Stadt Verl.


1) Kirchplatz in Verl


Wir starten unsere Tour am Kirchplatz neben der St. Anna-Kirche.

Im Jahre 1512 erhielt das Verler Land seine erste Kirche, die Annenkapelle. Mit ihrem Bau begann die Verler Kirchengeschichte und die Entwicklung eines Kirchdorfes. In der Zeit von 1792 bis 1801 entstand an der Stelle des zu klein gewordenen Gebäudes die heutige Pfarrkirche, errichtet durch den Landesherrn Fürst Wenzel Anton Graf zu Rietberg-Kaunitz. Zur Entlastung der großen Pfarrgemeinde Verl wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Filialkirche St. Judas Thaddäus in der Sürenheide gegründet.  


2) Ölbachaue


Unser Weg verläuft über Sender Straße, Hauptstraße und Friedhofsweg und führt uns hinter dem Friedhof über einen Trampelpfad am Ölbach entlang.

Der Ölbach verläuft zwischen dem Ortskern und der Sürenheide nicht in einem natürlichen Bachbett. Denn schon in früheren Zeiten wurde der Ölbach ausgebaut, um die beiden Wassermühlen – die Verler Dorfmühle an der heutigen Hauptstraße am Rande des  Stadtzentrums und die Bunten Mühle am Buntenweg in der Sürenheide – anzutreiben sowie die feuchte Aue zu entwässern. An der Straße Zum Meierhof entstanden 1976/77 das Freibad und 2014 ein Biomasseheizwerk, an das ein Fernwärmenetz angeschlossen ist.


3) "Verler Kirchwege" am Menkebach (Bükersweg)


Über die Straßen Zum Meierhof, Sürenheider Straße und Bükersweg kommen wir zur nächsten Station.

Auf Initiative der Kolpingsfamilien Verl, Sürenheide und Kaunitz wurde auf historischen Wegen der Urpfarrei St. Anna der Besinnungsweg „Verler Kirchwege“ angelegt. Er verbindet auf einer Gesamtlänge von 12 km die katholischen und evangelischen Kirchen im Stadtgebiet. Zehn Sandsteinstelen mit dem Sonnengesang des Franz von Assisi, geschaffen von Bildhauer Horst-Jürgen Hoburg (Verl), säumen den Weg und sollen den Wanderer anregen, seinen Gedanken Raum und Zeit zu geben für Meditation und Gebet.


4) Höfe an der Feuerbornstraße


Am Ende des Bükersweges erreichen wir die Feuerbornstraße.

Die Bauernhöfe in der Sürenheide gehörten früher zur Bauerschaft „Gütersorth“.  

Die Hofstelle Feuerborn wird im Jahre 1370 urkundlich erwähnt als „Hove to Vurbernne“. Aus diesem Urhof im „Kerspele to Guterslo“ (Kirchspiel Gütersloh) sind später die Bauernhöfe Jacob Feuerborn, Paulfeuerborn und Tönsfeuerborn hervorgegangen. Der Hof Tönsfeuerborn ist heute ein Vollerwerbsbetrieb, der sich auf Milchwirtschaft und Energiegewinnung spezialisiert hat.


5) Pfarrkirche St. Judas Thaddäus


Die Feuerbornstraße führt direkt auf die Kirche St. Judas Thaddäus zu.

Im Jahre 1951 gründete sich in der Sürenheide ein Kirchbauverein, dem von Frau Bernhardine Jacobfeuerborn ein 6.000 Quadratmeter großes Grundstück als Geschenk überlassen wurde. Auf diesem Grundstück entstand nach und nach das heutige Pfarrzentrum St. Judas Thaddäus: 1953/54 wurde die Kirche gebaut, 1956/57 folgte das Pfarrhaus, 1980/81 das Pfarrheim und 1993/94 die Kindertageseinrichtung St. Judas Thaddäus. Die Kirchengemeinde mit ca. 2.000 Mitgliedern gehört zum Pastoralen Raum Am Ölbach.


6) St. Georg-Schule (Thaddäusstraße)


An der Ecke Thaddäusstraße/Glatzer Straße finden wir die St. Georg Schule.

An der heutigen Thaddäusstraße entstand 1909 ein kleines Schulhaus. 1965/67 wurde ein neues Gebäude, die heutige St. Georg-Schule, gebaut. Hier wurden nach Auflösung der Volksschulen zunächst auch die 5. bis 7. Klassen der Hauptschule unterrichtet, als noch kein Hauptschulgebäude zur Verfügung stand. Heute besuchen rund 170 Kinder die Grundschule St. Georg. Im alten Schulhaus befand sich lange eine Kindertageseinrichtung. Nach dem Neubau der Kita wird nur noch eine Gruppe dort betreut.  


7) Industriestraße


Wir fahren weiter auf der Verlängerung der Glatzer Straße.

Ein Fuß- und Radweg führt uns von der St. Georg-Schule durch ein großzügiges Sport- und Freizeitgelände bis zum Kreisverkehr an der Sürenheider Straße. Hier blickt man auf zwei mittelständische Betriebe: die Firma Teckentrup, die mit ca. 550 Mitarbeitern Türen und Tore aus Metall produziert, und die Firma Kleinemas Fleischwaren. 1914 in Verl als Landmetzgerei gegründet, beschäftigt das Unternehmen Kleinemas heute ca. 300 Mitarbeiter.


8) Dreiländereck


Über die Industriestraße geht es weiter nach links auf den Fahrradweg an der Isselhorster Straße.

Nach der Autobahnbrücke befindet sich auf der linken Seite der Isselhorster Straße der Rastplatz "Dreiländereck". Beim Grenzvertrag aus dem Jahre 1583 zwischen dem Bistum Osnabrück und der Grafschaft Rietberg verlor die Bauerschaft Spexard beträchtliche Flächen an die Grafschaft Rietberg. Die Bauerschaften Gütersort, Spexard und Avenwedde erhielten nun eine gemeinsame Grenze am sogenannten „Dreiländereck“.


9) Bau der Autobahn


Am Heideweg, in Sichweite zur Autobahn, finden wir die Hofstelle Klasbrummel.

Heute ist die Bundesautobahn A2 die wichtigste Ost-West-Verbindung in Europa.

Die Autobahn im Gebiet der Sürenheide entstand in der Zeit von 1935-1938. Dazu war damals auf dem Hof Klasbrummel am Heideweg ein Arbeitslager eingerichtet worden. Die meisten der 200 Arbeiter des Bauabschnitts fanden hier Unterkunft.

Als die "Reichsautobahn" im Bau war, schrieb eine Zeitung: "Die Bauern gaben unter Verzicht auf Entschädigungen den erforderlichen Sand ab, dadurch wurden die unfruchtbaren Dünen bis in die Nähe des Grundwasserspiegels abgegraben. Auf diese Weise konnte neues Kulturland für die Volksernährung gewonnen werden." Der Autobahnabschnitt wurde schon Ende 1938 eröffnet.


10) Nobilia-Werke


Über Heideweg und Waldweg kommen wir zur Sürenheider Straße und von dort aus zur Waldstraße, wo sich das Nobilia-Werk befindet.

1945 gründeten Tischlermeister Johann Stickling und sein Bruder, Kaufmann Willy Stickling, eine Schreinerei für Nähschränke und Kleinmöbel. Damit legten sie den Grundstein für die Nobilia-Werke, heute Europas größter Küchenhersteller. 1970 entstand das Werk 1 mit der Hauptverwaltung an der Waldstraße, 2006 folgte in Kaunitz Werk 2. Weitere Standorte sind Gütersloh und Saarlouis. Nobilia beschäftigt rund 4.000 Mitarbeiter und liefert in etwa 90 Länder. Jahresumsatz: rund 1,3 Milliarden Euro.


11) Dorfgemeinschaftshaus (Posener Straße 2) , Kita und Nahversorger


Von der Waldstraße aus geht es in die Gleiwitzer Straße und nach rechts in die Allensteiner Straße.

Hier fahren wir an der sogenannten Bauernsiedlung vorbei, die ab 1960 für ostvertriebene Landwirte entstanden ist, und kommen an der Posener Straße 2 zum  Dorfgemeinschaftshaus. Der Bürgertreff wurde 1992 gebaut, um das  gesellschaftliche Leben in der Sürenheide zu fördern. In der Nachbarschaft liegen die im Oktober 2020 eröffnete neue Kita und der 2015 errichtete Nahversorger mit einem Elli-Markt und medizinischen Praxen.


12) Gewerbegebiet an der Schinkenstraße


Von der Allensteiner Straße führt die Tour weiter nach rechts in die Thaddäusstraße in den Bereich zwischen Schinkenstraße, Berensweg und Am Ölbach.

Hier gehen die Gewerbeflächen der Städte Verl und Gütersloh fast nahtlos ineinander über, denn im Rahmen der kommunalen Neugliederung in Nordrhein-Westfalen im Jahr 1970 musste Verl den Bereich um die Autobahnzufahrt an die Stadt Gütersloh abtreten. 


13) Auferstehungskirche, Königsberger Straße


Die Tour führt zurück zur Thaddäusstraße, um dann nach rechts auf den Radweg einzubiegen, der uns zur Königsberger Straße führt.

Mit dem Zuzug Heimatvertriebener aus dem Osten in Folge des Zweiten Weltkriegs bildete sich in Verl eine eigene evangelische Kirchengemeinde. Für die evangelischen Christen in der Sürenheide ging mit der Einweihung der Auferstehungskirche 1967 ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Vorher hatten sie ihre Gottesdienste auf der Deele des Hofes Hülshorst und in der St.-Georg-Schule gefeiert. Das Grundstück für die Kirche und den Friedhof wurde vom Hof Hülshorst gestiftet.


14) Haus Ohlmeyer, Brummelweg 125


An der Ecke Königsberger Straße/Brummelweg finden wir die nächste Station.

Seit mehr als 60 Jahren ist das Haus Ohlmeyer für seine Gäste da. 1957 wurde das ursprüngliche Bauernhaus zu einer Gaststätte mit Saalbetrieb umfunktioniert. 2016/17 erfolgte die Erweiterung um einen weiteren modernen Saal für bis zu 200 Gäste. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich seit den 1990er Jahren der Festplatz der St. Georg Schützenbruderschaft Dreiländereck, dem größten Verein in der Sürenheide. Im Juni wird hier das traditionelle Schützenfest gefeiert.


15) Helfgerd-Siedlung und Verler See


Über Zollhausweg und Grillenstraße erreichen wir den Verler See.

In den 1960er Jahren plante die Gemeinde Verl auf dem Grund des Bauernhofes Helfgerd eine Wohnsiedlung und einen Baggersee, um den Ortsteil Sürenheide mit dem Verler Ortskern zu verbinden. Nach den Plänen von Professor Hans Bernhard Reichow entstand eine städtisch-verdichtete Wohnsiedlung mit bis zu acht Geschossen. Zur Verbesserung der sozialen Situation im Bereich der Hochhäuser und der Naherholungsmöglichkeiten rund um den See sind neue Pläne in Arbeit.


16) Bunten Mühle am Ölbach


Wenn man den Verler See westwärts umrundet, kommt man zur Bunten Mühle.

Über dem Deelentor des 1832 erbauten Fachwerkgebäudes ist die Inschrift zu lesen: „Sey auf die Kunst bedacht, die dir und andren nützet, die fromm und fleißig macht, und uns vor Mangel schützet. Joan Herman Kathöfer und Margarethe Buntee 1832 Renoviert 1993-94“. Bis 1975 war das Mahlwerk der heute denkmalgeschützten Wassermühle noch in Betrieb. Nach umfassender Sanierung kann die Mühle heute nach Vereinbarung besichtigt und für private Veranstaltungen gemietet werden.


17) Klärwerk Hauphoff


Von der Bunten Mühle geht es auf dem bachbegleitenden Radweg weiter.

In der Nähe des Schnepfenweges kommt man zum ehemaligen Klärwerk Hauphoff, das die Gemeinde Verl 1958 gebaut hat – seinerzeit als erstes Klärwerk auf Verler Gebiet. Nach der Inbetriebnahme eines leistungsstärkeren Klärwerks in Verl-West Mitte der 1970er Jahre wurde die kleine Kläranlage in ein Regenüberlaufbecken zur Sammlung der Niederschläge aus dem Verler Ortskern umfunktioniert. 


18) Hof Meier zu Verl (Zum Meierhof)


Vom ehemaligen Klärwerk führt der Rad- und Fußweg am Baugebiet Lerchenweg-Nord entlang bis zum Friedhofsweg.

An der Einfahrt zum Friedhofsweg liegt links der Hof Meier zu Verl, von dem sich der Name Verl ableitet. Die erste Beurkundung, die mit dem Namen Verl in Verbindung zu bringen ist, findet sich im Jahr 1264: eine gräfliche Schenkung, bestätigt durch „Hinricus de Verlo“, womit die Hofstelle Meier zu Verl verbürgt wird. Der Vollmeierhof blieb in seiner langen Geschichte ungeteilt. Sein Eichenhain reicht über den Friedhofsweg hinweg in das Außengelände des Schulzentrums mit seinen Sportstätten.


Fotos und Text: Bernhard Klotz (März 2021)