Heimatkunde in Verl und anderswo
Es gibt viel zu entdecken, fangen wir an!
 

Radtour Kaunitz

erarbeitet von Bernhard Klotz


Übersichtskarte der Radtour (Grafik: Stadt Verl)


Die Fahrradtour umfasst etwa 28 Kilometer und ist in 3 Stunden gut zu schaffen.

Die Stationen geben Einblick in die geschichtliche und wirtschaftliche Entwicklung des Ortsteils und zeigen die reichhaltigen Natur- und Landschaftsräume dieser Region.


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Am 6. September 1746 legte der damalige Landesherr der Grafschaft Rietberg, Wenzel Anton Graf zu Rietberg und Kaunitz, den Grundstein zum Bau der Pfarrkirche St. Maria Immaculata. Die Gründung der Kirche geschah auf Wunsch seiner Mutter, der Erbgräfin Maria Ernestine Franziska von Rietberg, die seit 1699 mit Graf Maximilian Ulrich von Kaunitz verheiratet war.

Mit dem Bau der Kirche war auch die Gründung eines Kirchdorfes verbunden. Aus dem Kirchdorf "Neukaunitz" entwickelte sich im Laufe der Zeit der Ortsteil Kaunitz, ein lebendiger und aufstrebender Stadtteil mit etwa 4000 Einwohnern.

Wir beginnen unsere Tour in Verl und fahren in südöstlicher Richtung nach Kaunitz.



 1) Erlöserkirhe (Paul-Gerhard-Straße 4) / Verler Kirchwege


An der Schnittstelle von Lerchenweg und Paul-Gerhard-Straße liegt unsere erste Station.

Die evangelische Kirche wurde 1951 eingeweiht und erhielt 1963 den Glockenturm.

Sie liegt am Besinnungsweg "Verler Kirchwege", der auf historischen Kirchwegen des ehemaligen Kirchspiels Verl angelegt wurde. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts gehörten auch Teilgebiete von Kaunitz zum Kirchspiel Verl. Den Weg säumen zehn Stelen mit dem Sonnengesang des Franz von Assisi, gefertigt vom Verler Bildhauer Horst-Jürgen Hoburg aus Ibbenbürener Sandstein. Der Besinnungsweg verbindet die Kirchen St. Anna, St. Judas Thaddäus und St. Maria Immaculata sowie die Erlöserkirche und Auferstehungskirche.


2) Hof Kolkmann-Hoppe (Marienstraße 106)


Über die Lindenstraße und die Bornholter Straße erreichen wir die Marienstraße und unser nächstes Ziel.

Auf eine lange Geschichte blickt der Hof Kolkmann-Hoppe; erstmalig erwähnt wird er in einem Dokument aus dem Jahr 1554. Der ehemalige Meierhof gehörte zur historischen Bauerschaft Bornholte und liegt am Rodenbach, der ca. 200 Meter südlich in den Wapelbach mündet. Heute ist der Hof mitverantwortlich für die extensive Bewirtschaftung der umliegenden Feuchtwiesen. Vor der Hofeinfahrt befindet sich die Stele Nr. 2 des Besinnungsweges „Verler Kirchwege“.

 


3) Naturschutzgebiet Grasmeerwiesen


Im Bereich des Bogens, in dem die Marienstraße hier verläuft, sehen wir rechts und links das Naturschutzgebiet Grasmeerwiesen.

In alten Karten wird dieses Gebiet auch als Grasmarkt bezeichnet, da die Heuernte hier früher zum Teil direkt verkauft wurde. Seit 1989 stehen 139 ha Grünland unter Vertragsnaturschutz. Die Feuchtwiesenlandschaft ist ein wichtiger Lebensraum für Wat- und Wiesenvögel. Um die ökologisch bedeutsamen Grünlandflächen zu erhalten und weiter zu entwickeln, wurden mit den Eigentümern Vereinbarungen getroffen wie z. B. extensive Beweidung, später Grasschnitt und die Entwicklung spezieller Biotope.


4) Gewerbegebiet Kaunitz (Kapellenweg)




Am Kapellenweg finden wir das Kaunitzer Industriegebiet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand am Kapellenweg neben der TWE-Linie eine kleine Fabrik, in der Pantoffeln hergestellt wurden. Später siedelten sich zu beiden Seiten des Kapellenwegs mehrere kleine und mittlere Betriebe an. Am Ende des Weges erwarb die in Sürenheide ansässige Firma Nobilia eine Möbelfabrik und baute sie ab 2006 zu ihrem Werk II aus. Die 1945 gegründeten Nobilia-Werke sind der größte Küchenhersteller in Europa und beschäftigen rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


5) Markuskapelle an der Mühlenstraße


Am Ende des Kapellenweges, an der Mühlenstraße gelegen, steht die Markuskapelle.

Die Kapelle steht heute unter Denkmalschutz. Sie wurde  um 1880 auf dem Grund des Meierhofes Johannliemke errichtet, zunächst als Fachwerkbau, später als massiver Ziegelbau. Noch bis in die 1990er Jahre war die Markuskapelle jedes Jahr im April Ziel der seit altersher durchgeführten Markus-Bittprozession. Typisch für den neugotischen Baustil ist das Spitzbogengewölbe. Im Inneren der Kapelle befindet sich ein Altar aus Eichenholz mit einer Pieta.


6) Dorfgemeinschaftshaus/ Alter Bahnhof Kaunitz (Holter Straße)


An der Holter Straße - in Fahrtrichtung zur Kirche - finden wir den alten Kaunitzer Bahnhof.

Der Bahnhof wurde errichtet, als 1903 die TWE hier ihren Bahnbetrieb aufnahm.

Seit 1992 hat die Dorfgemeinschaft Kaunitz ihren Sitz im ehemaligen Bahnhof der Teutoburger-Wald-Eisenbahngesellschaft (TWE). Seit dieser Zeit wird das Gelände wieder vielseitig mit Leben gefüllt und der alte Bahnhof ist ein beliebter Treffpunkt für Veranstaltungen und Begegnungen. Von der Tatkraft der Dorfgemeinschaft Kaunitz zeugen u. a. der Erhalt einer historischen Draisine sowie die Anlage und Betreuung von Boule-Bahnen auf dem Vorplatz des alten Bahnhofs.


7) Pfarrkirche St. Maria Immaculata


In der Dorfmitte steht die Keimzelle dieses Ortes: die Marienkirche.

Mit der Einweihung der Kirche am 23. Mai 1748 begann gleichzeitig die Geschichte des Kirchdorfes. In direkter Nachbarschaft zum Kirchplatz mit dem Pfarrhaus, der Vikarie und dem Küsterhaus entstanden auch die ersten 13 Häuser des Dorfes „Neukaunitz“. 1897/98 wurde die kleine Barockkirche durch ein neuromanisches Querhaus erweitert. Ab 2005 wurde die Kirche grundlegend saniert und restauriert. Der Kirchplatz wurde ebenfalls neu gestaltet.


8) Ostwestfalenhalle


An der Paderborner Straße, am Ortsausgang in Richtung Verl, befindet sich die Ostwestfalenhalle Kaunitz.

Kaunitz ist bekannt für die Geflügelzucht. Ab 1960 wurden im Hof der Gaststätte Liemke Eier und Geflügel vermarktet. Aus diesen Anfängen entstand 1966 die „Eierhalle“. Der „moderne Zweckbau für den größten Junggeflügelmarkt des Bundesgebietes“ trägt heute die offizielle Bezeichnung Ostwestfalenhalle. In der städtischen Einrichtung finden regelmäßig verschiedene Veranstaltungen statt. Zu den bekanntesten gehören der Hobbymarkt an jedem ersten Samstag im Monat und der Truck-Treff im Sommer.


9) Feuerwehrgerätehaus und Elli-Markt


An der Paderborner Straße liegen zwei weitere markante Gebäude.

Für den Löschzug Kaunitz der Freiwilligen Feuerwehr Verl wurde im Jahr 1980 neben der Ostwestfalenhalle ein eigenes Gerätehaus gebaut. Eine erforderliche Erweiterung dieser Einrichtung führte zu grundlegenden Veränderungen: So entstand 2018/19 auf der gegenüberliegenden Seite der Paderborner Straße ein moderner Neubau. Am Standort des alten Gerätehauses baute die Lüning-Gruppe 2020/21 einen neuen Supermarkt als Ersatz für den alten Elli-Markt im Dorfkern.


10) Grundschule Fröbelstraße


Über die Fürstenstraße und den Erlenweg kommen wir zur Fröbelstraße.

Hier befindet sich die Kaunitzer Grundschule.

Die Dorfkinder in Kaunitz wurden zunächst im Küsterhaus am Kirchplatz unterrichtet. Im Jahre 1892/93 entstand westlich der Kirche ein neues zweiklassiges Schulhaus. Durch den Bau der neuen Volksschule mit Sporthalle verlagerte sich der Schulstandort 1965 an die Fröbelstraße. Danach wurde die alte Schule abgerissen und der Platz neu gestaltet. Die Grundschule Kaunitz wurde 2018/19 umfassend erneuert, in ihrer Nachbarschaft befinden sich die Kita „Kleine Strolche“ und ein großes Sportgelände.


11) Friedhof Kaunitz (Zum Furlbach)


An der Straße Zum Furlbach befindet sich der Kaunitzer Friedhof.

In der Zeit von 1748 bis 1878 wurden die Verstorbenen der Pfarrgemeinde auf dem Kirchplatz beerdigt. Aus hygienischen Gründen wurde 1877 ein neuer Friedhof angelegt, der 1926 erweitert wurde. 1979 wurde eine Friedhofskapelle eingeweiht und seit 2001 gibt es den Glockenturm. Das Gräberfeld wird überragt von einem 4,20 Meter hohen Hochkreuz auf der Grablege für verstorbene Priester.


12) Hof Laustroer (Zum Sennebach 74)


Über die Straßen Zum Furlbach, Köldingsweg, und den Rietberger Weg gelangt man zur Straße Zum Sennebach.

Der repräsentative Hof Laustroer in der Bauerschaft Österwiehe gehörte bis zur Kirchgründung in Kaunitz zum Kirchspiel Neuenkirchen. Das Gebiet zwischen dem Sennebach und dem Furlbach war bis ins 19. Jahrhundert hinein ein unwirtschaftliches Feuchtgebiet, bezeichnet als „Füchte-Bruch“ und „Köldings Heide“. Vor der Hofstelle hat man am Sennebach einen „Sandfang“ eingerichtet, in dem sich der Erosionssand aus dem Quellgebiet in der Senne absetzen kann.  


13) Erinnerungstafel (Zum Sennebach)


Im Heckenbereich zwischen zwei Fußballplätzen befindet sich eine Gedenktafel.

Am 1. April 1995, 50 Jahre nach der Befreiung von mehr als 700 jüdischen Frauen, wurde auf Anregung einer Projektgruppe der Anne-Frank-Gesamtschule Gütersloh diese Gedenktafel enthüllt. Die Frauen, zuvor als Zwangsarbeiterinnen in einem Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald in Lippstadt eingesetzt, befanden sich auf dem Todesmarsch in das Konzentrationslager Bergen-Belsen, als sie an dieser Stelle am Ostersonntag 1945 durch amerikanische Soldaten befreit wurden.


14) Kötterhaus Kaunitz (Zum Sennebach 1)


Am nördlichen Ende der Straße Zum Sennebach befindet sich das Kötterhaus.

Das Kötterhaus Kaunitz geht auf eine kleinbäuerliche Hofstelle zurück, die kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg am Rande der Gemeinheit gegründet wurde. Kötter waren neben der Landwirtschaft zur Eigenversorgung auf einen Zuerwerb angewiesen. Die Inschrift von 1709 nennt die Namen der Erbauer: Anna Catha Rüter und Herman Rüter. Das alte Fachwerkgebäude, ein Dreiständerhaus, wurde sachgerecht saniert, unter Denkmalschutz gestellt und wird seit 2014 als Gasthaus bewirtschaftet.


15) Op de Limeke (Holter Straße 163)


Unser Weg führt uns über Paderborner Straße, Kirchstraße, Zum Buschhof, Hegselweg und Wiesenstraße. An der Holter Straße kommen wir am Gasthaus "Op de Limeke" vorbei.

Der Vollspänner-Hof an der Wapel entstand durch die Teilung der Urhöfe Lindbike, die als älteste Höfe in der Senne in einer Urkunde des Paderborner Bischofs aus dem Jahre 1153 als „duabus domib in lindbike“ dokumentiert sind. Durch Hofteilungen entstand später eine einzigartige Kette von Meierhöfen entlang der Wapel. Auf Verler Gebiet sind es drei Meierhöfe: Henderich Limeke (Johannliemke), Peter Limeke (Peitzmeier) und Hermann Limeke (Geisemeier).  


16) Hof Dresselhaus (Oststraße 154)


In nördlicher Richtung befindet sich an der Oststraße das nächste Ziel.

Der Hof Dresselhaus wurde 1486 erstmals urkundlich erwähnt, dürfte vermutlich aber noch älter sein. Bis zur Gründung des Kirchpiels Kaunitz gehörte der Meierhof zur Pfarrei in Verl. Heute ist der Betrieb auf eine voll automatische Milchwirtschaft spezialisiert. Auf dem Gelände der historischen Hofstätte gab es früher auch eine Ziegelei, später die Baustoffhandlung Bussemas. Gegenüber, an der Bergstraße 314, befindet sich ein Gasthaus, im Volksmund bekannt unter der Bezeichnung „Wirtin“.  



17) Schloss Holte


Über Oststraße und Schlossstraße erreicht man das Schloss Holte.

Im Holter Wald, dem historischen Jagdrevier der Grafen zu Rietberg, entstand 1616 das heutige Wasserschloss. In der Inschrift über dem Renaissance-Portal haben sich die Erbauer, Johann und Sabina Catharina, Graf und Gräfin von Ostfriesland und Rietberg, verewigt. Nach dem Ende der Feudalzeit kaufte Friedrich Ludwig Tenge den gräflichen Grundbesitz und gründete vor dem Schloss die Holter Eisenhütte. Der rund 670 Hektar große Holter Wald ist heute als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) geschützt.


18) Mühlgrund


Über die Verler Landstraße fahren wir durch den Holter Wald.

Kurz bevor wir den Holter Wald verlassen, liegt rechts am R1 das Wasserwerk für die Trinkwasserversorgung, an dem seit 2020 die Stadt Verl beteiligt ist. Nach Westen hin öffnet sich der Wald zum historischen Hof Swinsterdt, früher zur Bauerschaft Sende gehörend. Seit 1929 im Besitz der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, ist der Hof heute unter dem Namen „Mühlgrund“ eine Einrichtung für chronisch abhängige Menschen. In der 1823 errichteten Wassermühle befindet sich das „Mühlcafe“.


Text und Fotos (außer 3): Bernhard Klotz (März 2021)